In der Gesundheitsszene kommt man am Thema Wasserfilter nicht mehr vorbei. Argumentationsgrundlage für die Notwendigkeit eines Wasserfilters ist immer das scheinbar verunreinigte Leitungswasser. Warum Leitungswasser uns nicht krank macht und meistens auch genießbar aus dem Wasserhahn kommt, habe ich in diesem Post schon erklärt. Damit wäre der einzige Grund, warum ein Wasserfilter sinnvoll wäre, eigentlich schon ausgehebelt. Unser Wasser ist von hervorragender Qualität und benötigt keine weiteren Filter. Alles was gefiltert werden musste, wurde im Zuge der Wasseraufbereitung schon gefiltert. Trotzdem sehen wir uns heute die Marketingtricks und pseudowissenschaftlichen Vorgehensweisen der Wasserfilter-Unternehmen an.
Das Prinzip hinter der Vermarktung von Wasserfiltern ist immer ähnlich: Erst wird den gesundheitsbewussten Kunden mit wissenschaftlichen Begriffen erklärt, warum Leitungswasser nicht gut genug sei. Dabei wird Angst um deren Gesundheit geschürt. Der angebotene Wasserfilter führt zu einer angeblichen Verbesserung des Wassers und damit zu einem Schutz der Gesundheit des Kunden. Die Eigenschaften des verbesserten Wassers werden dann mit einer Behauptung verbunden, die nichts mehr mit Naturwissenschaft zu tun hat. Mit dieser verfälschten Darstellung wird der Filter dann an Laien verkauft.
Wasserfiltersysteme lassen sich selten einfach im Webshop erwerben. Teil des Verkaufsprozesses sind ausgiebige Verkaufsgespräche und Infoveranstaltungen. So lassen sich die
erklärungsbedürftigen 3000 EUR (oder mehr!) Geräte effektiver bewerben. Die Kunden bekommen außerdem eine Kostprobe des gefilterten Wassers. Dabei wird gerne ein Trick angewandt: Das frische, kühle Filterwasser wird mit wärmeren, abgestandenen Leitungswasser verglichen. Weil die Filtersysteme eine gewisse Vorlaufzeit benötigen, kommt immer frisches kühles Wasser aus dem Erdbodenbereich im Glas an. Kühleres Wasser schmeckt den Meisten besser und wirkt erfrischender, als das abgestandene Leitungswasser. Auch bei der neuen Installation eines Filters muss erst „altes“ Wasser aus den Rohren ablaufen, bis das Gerät bereit ist. Heraus kommt kühles frisches Wasser, das gut schmeckt. Sollte der potenzielle Kunde nicht sofort begeistert von dem Geschmack das Wassers sein, helfen suggestive Nachfragen wie: „Dieses Wasser hat Ihnen jetzt doch viel besser geschmeckt oder?“ Die Hürde für den Kunden „Nein“ zu sagen, ist dabei ziemlich hoch. So werden sie zum Kauf gedrängt.
Die Infoveranstaltungen werden durch subjektive Erfahrungsberichte geschmückt. Meist erklären der Redner oder seine Kollegen, wie sich ihr Leben durch den Wasserfilter ins Positive verändert hat. „Mir geht es besser, die Pflanzen wachsen besser, ich trinke mehr Wasser,…“ Hier sind die Hersteller der Filter auf der sicheren Seite, weil sie die angeblichen Wirkungen nicht selbst behaupten müssen.
Betrachten wir nun einige der beliebtesten Wasserfilter.
Geräte gegen Kalk:
Wie „hart“ ein Wasser ist, hängt von dessen Gehalt an Calcium- und Magnesiumverbindungen ab. Warum sehen wir Kalkspuren vor allem in unserer Kaffeemaschine und im Wasserkocher? Bei Zimmertemperatur sind die Salze gelöst und stehen im Gleichgewicht mit dem im Wasser gelösten Kohlendioxid. Durch Veränderung der Bedingungen (zB. durchs Erhitzen) verschiebt sich das Gleichgewicht. Calcium und Magnesium werden ausgefällt und verkalken Leitung/Gerät. Kalk ist unschön in den Küchengeräten anzusehen, stellt aber keine Gesundheitsgefahr dar. Er besteht aus Mineralstoffen, die unser Körper ohnehin benötigt. Aus Gründen der Optik oder zum Schutz der Trinkwasser-Installation könnten Wasserfilter zum Einsatz kommen. Es gibt verschiedene Methoden dafür:
Dosiergeräte geben phosphat- oder silikathaltige Mineralstoffe in das Wasser, um die Härtebildner zu stabilisieren.
Ionenaustauscher tauschen die Calcium- und Magnesiumionen gegen Natriumionen aus. Demnach steigt auch der Natriumgehalt im Trinkwasser an. Da Trinkwasser nur 200 mg/L Natrium enthalten darf, wird das Trinkwasser nur bis zum Erreichen des Grenzwertes enthärtet. Allerdings ist hier die Verkeimungsgefahr hoch. Außerdem besteht, laut Verbraucherzentrale die Gefahr, dass zurückgehaltene Ionen plötzlich konzentriert ans Wasser abgegeben werden.
Wird ein Wasserfilter gegen Kalk also benötigt? Höchstens in Regionen mit sehr hartem Wasser, oder um Kalkablagerungen zumindest etwas zu verringern. Einen gesundheitlichen Nutzen haben sie nicht. Im Gegenteil können Ionenaustauscher eine erhöhte Verkeimungsgefahr aufweisen. Küchengeräte können regelmäßig mit Essigwasser vom Kalk befreit werden und wen der Film auf dem Tee stört, kann einen Spritzer Zitrone hinzugeben.
Umkehrosmose:
Umkehrosmosegeräte besitzen elektrische Pumpen, die das Wasser durch eine Membran pressen. Größere Moleküle, wie Mineralstoffe und Schwermetalle können die Membran nicht passieren. Es entsteht „hochreines Wasser“, das seinen Nutzen in der Raumfahrt oder in Laboren hat.
Hersteller wie truu nutzen das Prinzip um ihr reines Wasser zu verkaufen. Als pur und unverfälscht, in seiner natürlichsten Form wird es vermarktet. Hauptargument des Herstellers ist, dass nur reines Wasser vom Körper aufgenommen werden kann. Und nur reines Wasser hätte die Funktion, Abfallprodukte und Gifte zu binden und aus dem Köper zu transportieren. Mit Mineralstoffen „gesättigtes“ Wasser könnte dies nicht. Mineralisiertes Wasser wäre nicht „zellgängig“ und damit leblos. Was für Laien plausibel klingt hat mit Wissenschaft nichts mehr zu tun. Wasser wird nicht unverändert im Körper aufgenommen, sondern schon im Darm von Mineralstoffen getrennt, die durch verschiedenste Transportsysteme an ihre Zielorte transportiert werden.
Zudem zeigen sich Nachteile bei dieser Art der Wasserfilter. Die Membran kann schnell verkeimen, außerdem muss sie unter hohem Wasser- und Energieverbrauch gespült werden. So werden ca. 3 Liter Trinkwasser benötigt um 1 L gefiltertes Wasser zu erhalten.
Verwirbeltes Wasser:
Sogenannte Levitationsanlagen sollen das Wasser verwirbeln. Die Argumentation dahinter: Wasser könne in der Natur frei fließen und würde dadurch belebt. Verwirbeltes Wasser käme dem natürlichen Quellwasser am nächsten und sei energiereicher (Wirbel sollen Energie aufsaugen). Dafür werden spezielle Maschinen oder mit Kristallen gefüllte Kartuschen verbaut, die anscheinend Mikrowirbel herstellen können.
Tatsächlich passiert beim Verwirbeln von Wasser etwas: Das Wasser kommt vermehrt in Kontakt mit der Luft. Es könnte so zu einer minimal erhöhten Konzentration an O2 und Co2 kommen. Von Energie kann hier aber nicht die Rede sein. Verwirbeltes Wasser geht aber auch einfacher: Das Glas Wasser mit einem Löffel umrühren oder die Wasserflasche schütteln. Ein 3000 EUR Gerät ist dafür nicht nötig.
Aktivkohlefilter:
Hersteller wie BRITA und Leogant werben für ihre Einbau- und Tischfilter mit Aktivkohle, die unerwünschte Medikamenten- oder Pflanzenschutzmittel aus dem Wasser filtern sollen. Das ist allerdings nur nötig, wenn das Wasser tatsächlich belastet ist. Von unserem Trinkwasser geht keine Gesundheitsgefahr aus.
Auch hier herrscht eine hohe Verkeimungsgefahr, da Aktivkohle als Nährboden für Mikroorganismen wirken kann. Außerdem lässt sich bei Wasserfilterkartuschen nicht feststellen, ab wann der Filter erschöpft ist. In dem Fall könnten die gesammelten Stoffe konzentriert wieder ins Wasser gegeben werden. Ein Filter könnte so genau zu dem Gegenteil des gewünschten Ergebnisses führen.
Elektrolysiertes bzw. Ionisiertes Wasser:
Hersteller wie Kangen Wasser und Aquion nutzen das Prinzip der Elektrolyse für ihre Geräte um ihr Wasser als besonders gesundheitsförderlich für den Säure-Basen-Haushalt darzustellen. Die Behauptung ist, dass Wasser durch die Elektrolyse in saure und alkalische Teile getrennt wird. Das reduzierte Wasser wird als basisches Wasser, und das oxidierte als saures Wasser bezeichnet. Dabei findet die behauptete Reduktion/Oxidation tatsächlich aber nicht an den Wassermolekülen statt, sondern an den Ionen im Wasser. Hier werden also fälschlicherweise wissenschaftliche Formulierungen und Prinzipien für den Verkauf genutzt. Mal abgesehen davon, dass die Säure-Basen-Theorie an sich absolut nicht haltbar ist, wird ganz schön viel Aufwand betrieben, um „saures“ Wasser herzustellen. So könnte man doch einfach Zitrone ins Wasser tropfen. Oder Natron für „basisches“ Wasser einrühren.
Die Elektrolyse wird außerdem gerne beim Bewerben von Wasserfiltern genutzt. Hierbei werden Eisenelektroden in ein Glas mit „reinem“ gefilterten Osmosewasser, sowie in ein Glas mit Leitungswasser gesetzt. Während sich das Leitungswasser braun verfärbt, bleibt das Osmosewasser klar. Es handelt sich um einen oft genutzter Trick um zu suggerieren, dass Leitungswasser verschmutzt wäre. Tatsächlich färbt sich das Wasser braun, da die gelösten Stoffe im Leitungswasser den Strom leiten und große Mengen Sauerstoff an der Eisenelektrode entstehen. Durch den Einfluss des Sauerstoffs oxidiert (verrostet) die Eisenelektrode und das Wasser wird braun. Den bestürzten Zuschauern wird erklärt, das Leitungswasser wäre braun aufgrund von Schadstoffen.
Ein sinnvoller Wasserfilter – der Partikelfilter:
Diese werden am Wasseranschluss neben der Wasseruhr installiert, um die Rohre vor Rostpartikeln zu schützen. Der Filter muss regelmäßig gespült und gewechselt werden. Eine Installation darf nur mit Genehmigung des Wasserversorgers von einer Installationsfirma getätigt werden. Die Filter sind bei metallischen Rohren in Neubauten laut der DIN-Norm EN 806 vorgeschrieben.
Abgesehen von Wasserfiltern, die scheinbar wissenschaftliche Argumentation zu Werbezwecken nutzen, gibt es auch zahlreiche spirituelle und esoterische Argumente von Wasserfilter-Herstellern. Harmonisiertes, energetisiertes, belebtes und hexagonales Wasser sind hier einige Beispiele. Mehr dazu gibt es im nächsten und letzten Wasserpost über Wassermythen.
Fazit:
Es gibt wenig sinnvolle Wasserfilter. Die Gefahr der Verkeimung ist bei den meisten Wasserfiltern hoch. Einige Wasserfilter werden mit pseudowissenschaftlichen und unhaltbaren Argumenten beworben und bei der Vermarktung werden Verbraucher durch diverse Tricks getäuscht. Auch der hohe Preis der meisten Anlagen sticht nicht positiv heraus. Letztendlich ist und bleibt Leitungswasser das sicherste und günstigste Wasser.
Quellen:
dvgw.de/medien/dvgw/leistungen/publikationen/twin07-1309.pdf
verbraucherzentrale.de/wissen/umwelt-haushalt/wasser/wasserbehandlung-im-haushalt-dosieranlagen-kalkschutzgeraete-filter-12071
vzhh.de/themen/umwelt-nachhaltigkeit/trinkwasser/muss-ich-leitungswasser-filtern
medizin-transparent.at/basisches-wasser/
Bergmann, H. (2011): Wasser, das Wunderelement? Wahrheit oder Hokuspokus. 1. Auflage. WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA
Nina Schneider
Ernährungswissenschaftlerin (B.Sc.), Scienefluencerin, freie Wissenschaftsjournalistin und Gründerin von Pflanzlich Gesund - Evidenzbasiertes Ernährungswissen.