Um wenig Lebensmittel ranken sich so viele Mythen wie um das Thema Trinkwasser. Kann man Wasser aus der Leitung bedenkenlos trinken oder macht es krank? Brauchen wir teures Wasser in Flaschen oder ist das einfach nur unnötig? Sind Wasserfilter wirklich so wichtig, wie es uns viele Hersteller suggerieren? In den nächsten Wochen erkläre ich einige Mythen rund um Wasser und schaffe (hoffentlich) etwas Klarheit.
Wir beginnen mit dem Thema Leitungswasser. Oft heißt es, Leitungswasser wäre zu stark mit sämtlichen Rückständen belastet, die Trinkwasserverordnung wäre nicht streng genug, man würde sogar krank durch das Trinken von Leitungswasser werden. Meistens kommen solche Aussagen von Unternehmen, die gleich die perfekte Lösung präsentieren wollen: Einen teuren Wasserfilter. Dementsprechend sollte man bei diesen Aussagen skeptisch werden. Mehr zum Thema Wasserfilter erfahrt ihr bald hier auf meinem Blog.
Wie unterscheiden wir eigentlich Wasser?
Trinkwasser: Ist öffentlich zugänglich und nach der Trinkwasser-Verordnung geregelt. Wird je nach Region aus Grund-, Quell- und/oder Flusswasser, oder auch anderen Wasservorkommen gewonnen.
Quellwasser: Hat seinen Ursprung in unterirdischen Wasservorkommen und wird aus einer oder mehreren natürlichen oder künstlichen Quellen gewonnen. Es unterliegt der Mineral- und Tafelwasserverordnung.
Mineralwasser: Hat seinen Ursprung ebenfalls in unterirdischen Wasservorkommen und ist durch hohen Gehalt an Mineralstoffen gekennzeichnet. Es ist in der Mineralwasser-Verordnung geregelt.
Tafelwasser: Bezeichnet ein künstlich zusammengestelltes Wasser, das auch Zusatzstoffe enthalten kann. Es ist in der Mineral- und Trinkwasser-Verordnung geregelt.
Heilwasser: Enthält eine oder mehrere Mineralstoffe/Gase in höherer Konzentration als Mineralwasser. Es muss aus speziellen Heilquellen stammen und eine medizinische Wirksamkeit vorweisen, und unterliegt somit dem Arzneimittelgesetz. Heilwasser sollte nur nach ärztlicher Rücksprache getrunken werden.
Was zeichnet gutes Trinkwasser aus?
Gutes Trinkwasser muss farblos sein, darf keinen Geschmack und keinen Geruch haben. Es darf nicht trübe, nicht zu sauer oder zu alkalisch sein. Außerdem dürfen keine zu hohen Konzentrationen an bestimmten Mineralstoffen und Schadstoffen anwesend sein. Ebenso wie keine Krankheitserreger. Es muss für den menschlichen Gebrauch geeignet, genusstauglich und rein sein.
Macht uns unser Trinkwasser krank?
Früher war Wasser immer mal wieder die Ursache von Krankheiten und Epidemien (Thyphus, Chlorea, Ruhr,…). Ganz bekanntes Beispiel hierfür ist auch die Choleraepidemie in Hamburg 1892. Doch in den letzten 100 Jahren wurde unser Wasser chemisch, physikalisch und biologisch aufbereitet und sicherer gemacht, um die Bevölkerung vor der Ausbreitung von Krankheitskeimen zu schützen.
Trotzdem gibt es auch in industrialisierten Ländern hin und wieder Probleme mit der Trinkwasserqualität, aufgrund von Belastung durch chemische Schadstoffe, Arzneimittelrückstände und hormonähnlichen Stoffen. Teilweise können Kläranlagen diese nicht vollständig herausfiltern, jedoch sind die Konzentrationen so gering, dass sie keine Schäden anrichten können. Mehr dazu, weiter unten.
Stell dir mal die Frage, wie viele Menschen du kennst, die krank durch Trinkwasser wurden? Es ist nicht bekannt, dass aufbereitetes Trinkwasser in irgendeiner Weise das Krankheitsrisiko erhöht.
Rund ein Zehntel der Weltbevölkerung hat tatsächlich ein erhöhtes Krankheitsrisiko durch verschmutztes Trinkwasser. In Deutschland haben wir das Privileg, uns darüber keine Gedanken machen zu müssen. Trotzdem suchen manche Menschen nach Wasser, das noch besser ist und werden auf dem Markt auch schnell fündig.
Sind im Leitungswasser gesundheitsgefährdende Rückstände vorhanden?
Wasser wird vom Wasserversorger regelmäßig auf Rückstände bestimmter Stoffe untersucht. Die Trinkwasserverordnung legt die Grenzwerte für 56 verschieden Stoffe fest. Bei Stoffen ohne Grenzwerte gibt es einen Gesundheitlichen Orientierungswert (GOW). Bei unmittelbar kritischen Grenzwertüberschreitungen schaltet sich das Gesundheitsamt ein und warnt die Betroffenen.
Fakt ist, dass auch das beste Trinkwasser nicht frei von Schadstoffen ist. Nirgends. Sogar klarstes Quellwasser in Gebirgen enthält Fremdstoffe. Jedoch werden die vorgeschriebenen Grenzwerte in der Regel deutlich unterschritten. Und: Menschen sind in der Lage mit geringen Mengen an toxischen Stoffen klarzukommen, dafür haben wir unsere „Entgiftungsorgane“ Leber und Niere. Man denke nur an die typischen Konsumgifte Nikotin und Alkohol.
Die Qualität des Wassers wird bis zur Übergabestelle im Haus gewährleistet. Ab da ist der Eigentümer für die Qualität verantwortlich. Rohre aus Blei, die den strengen Bleigrenzwert überschreiten, müssen ausgetauscht werden.
Fazit:
Leitungswasser ist als ein sicheres und nicht gesundheitsgefährdendes Lebensmittel einzustufen und kann in Deutschland problemlos getrunken werden. Wir sind in der privilegierten Lage uns keine Sorgen um die Qualität unseres Trinkwassers zu machen.
Tipp: Leitungswasser kurz laufen lassen, wenn der Wasserhahn länger nicht benutzt wurde, um das Stagnationswasser aus der Leitung zu spülen. Das Wasser ist dann kühler und schmeckt besser.
Weiterführende Literatur und Quellen findet ihr hier unten.
Quellen:
https://de.dwa.de/files/_media/content/01_DIE_DWA/Politikinformationen/Positionspapiere/20150324DWA-PositionAnthropogeneSpurenstoffe2015final.pdf
http://www.gesetze-im-internet.de/trinkwv_2001/BJNR095910001.html#BJNR095910001BJNG000201310
https://www.gesetze-im-internet.de/min_tafelwv/BJNR010360984.html
https://www.bmel.de/DE/themen/verbraucherschutz/lebensmittelsicherheit/spezielle-lebensmittel/wasser.html
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/479/publikationen/uba_rund_um_das_trinkwasser_ratgeber_web_0.pdf
https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/umwelt-haushalt/wasser/sind-pestizide-und-medikamente-im-leitungswasser-34837
https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/umwelt-haushalt/wasser/kann-man-leitungswasser-trinken-34836
Bergmann, H. (2011): Wasser, das Wunderelement? Wahrheit oder Hokuspokus. 1. Auflage. WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA
Nina Schneider
Ernährungswissenschaftlerin (B.Sc.), Scienefluencerin, freie Wissenschaftsjournalistin und Gründerin von Pflanzlich Gesund - Evidenzbasiertes Ernährungswissen.