Für Nahrungsergänzungsmittel, die sich an Frauen mit Wechseljahrs- und PMS-Beschwerden richten, gibt es mittlerweile einen riesigen Markt. Was die meisten angebotenen Präparate gemeinsam haben: Sie enthalten Isoflavone. Doch sind Isoflavone in Supplements sicher?
Isoflavone sind sekundäre Pflanzenstoffe, die strukturell dem weiblichen Geschlechtshormon Östrogen ähnlich sind. Vor allem Soja und Rotklee enthalten Isoflavone in Form von Daidzein und Genistein. Der Gedanke liegt nah, dass Sojaprodukte wie Sojamilch und Tofu, aufgrund ihres Gehalts an “Pflanzenhormonen” potenziell schädlich seien.
Das Internet ist voll von Behauptungen wie: „Sojaisoflavone führen zu Verweiblichung“ oder „Phytoöstrogene in Soja fördern Brustkrebs.“ Mehrere Zell-, Tier- und Humanstudien zeigten, dass Phytoöstrogene nicht wie körpereigenes Östrogen wirken. Eine östrogenähnliche Wirkung wäre um bis zu 10000-fach geringer ausgeprägt. Darüber hinaus wurde in mehreren Metaanalysen bestätigt, dass Sojakonsum bei Männern keine signifikanten Auswirkungen auf den Testosteronspiegel hat. Die Datenlage zeigt außerdem sehr eindeutig, dass Sojakonsum das Brustkrebsrisiko nicht erhöht. Ob Sojakonsum eine krebspräventive Wirkung erzielt ist nach aktueller Datenlage aber fraglich. [1,2,3,4]
Damit wäre jetzt geklärt, ob Soja aufgrund seiner enthaltenden Isoflavone schädlich ist oder nicht. Sehen wir uns nun aber
Isoflavone in isolierter Form an, wie sie in Nahrungsergänzungsmitteln vorkommen. In Deutschland sind Kapseln mit Isoflavonen auf dem Markt erhältlich, die als Therapie gegen Wechseljahrsbeschwerden und gegen Beschwerden des Prämenstruelle Syndroms angeboten werden. Zu Wechseljahrsbeschwerden zählen Symptome wie Hitzewallungen, Schlafstörungen und Schweißausbrüche. Isoflavon-Präparate aus Soja, Rotklee und Kudzu-Wurzel sollen Abhilfe schaffen.
Ob Präparate mit Isoflavonen bei Wechseljahrsbeschwerden helfen, lässt sich anhand der widersprüchlichen Studienlage nicht eindeutig sagen. Bei der nachgesagten Wirksamkeit mancher Präparate kann auch der Placeboeffekt eine Rolle spielen. [1,5]
Allein für Genistein gibt es Hinweise darauf, dass hohe Dosierungen möglicherweise die Anzahl an Hitzewallungen senken könnten. Hier zeigte sich, dass Frauen mit mehr Hitzewallungen möglicherweise auch mehr von einem hochdosierten Präparat profitieren könnten. Jedoch gibt es Hinweise auf mögliche Nebenwirkungen (Magen-Darm-Beschwerden) und keine Langzeituntersuchungen. Genistein darf nicht isoliert und hochdosiert in Nahrungsergänzungsmitteln eingesetzt werden. Außerdem dürfen Isoflavonpräparate nicht mit einer lindernden Wirkung bei Wechseljahrsbeschwerden beworben werden. Raffiniert: Hersteller umgehen das Verbot, indem sie Multinährstoffpräparate anbieten. Für einige B-Vitamine sind Gesundheitsaussagen erlaubt, die Kunden mit der Heilung von Wechseljahrsbeschwerden assoziieren könnten. [1,6]
Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bestätigen, dass es keine gesicherten Hinweise auf eine lindernde Wirkung von Isoflavonen auf Wechseljahrsbeschwerden gibt.
Die EFSA bestätigt jedoch auch, dass es keine Hinweise darauf gibt, dass die regelmäßige Einnahme von Sojasoflavonen, in üblichen Konzentrationen (bis 100 mg/Tag, bei Rotkleeisoflavonen bis 43,5 mg/Tag), über einen Zeitraum von bis zu ca. 10 Monate (bei Rotklee bis zu 3 Monate), schädlich auf Frauen vor und nach der Menopause wirkt.
Für hochdosierte Präparate mit Isoflavonen über längere Zeiträume hinweg gilt diese Einschätzung allerdings nicht. Ebenso gilt dies nicht für Frauen in der Menopause. [7,8,11,12]
Ähnliches gilt für die Einnahme von isoflavonhaltigen Supplements gegen PMS-Beschwerden: Die Datenlage zur Wirkung von Sojaisoflavonen gegen PMS-Beschwerden ist zu schwach, um eine endgültige Aussage zu treffen. [1]
Wir haben also eine unklare Studienlage für die Wirksamkeit von Isoflavonen in Nahrungsergänzungsmitteln. Es gibt keine Hinweise auf eine lindernde oder schädliche Wirkung und doch ist der Markt voll mit teuren Präparaten.
Es lässt sich vermuten, dass Nahrungsergänzungsmittelhersteller die unklare Datenlage nutzen, um ihre Präparate zu verkaufen.
Viele Anbieter greifen auf wenig aussagekräftige Studien zurück und ignorieren die Gesamtheit der Daten, um ihre Präparate bestmöglich zu bewerben.
In einem Marktcheck der Verbraucherzentrale wurden isoflavonhaltige Supplements geprüft. Gezeigt wurde, dass die Mehrheit der Produkte, die von der EFSA empfohlene maximale Tagesdosis für die gesunde Allgemeinbevölkerung überschreiten und dass unerlaubte Werbeaussagen genutzt wurden. Auch die empfohlene maximale Einnahmedauer von 3-10 Monaten, je nach Präparat, wird von vielen Anbietern ignoriert. [9]
Sollten Frauen in den Wechseljahren nun Isoflavonpräparate einnehmen?
Dabei muss bedacht werden: Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln müssen die Wirksamkeit und auch die Sicherheit ihrer Präparate nicht nachweisen. Mehr dazu gibt es hier nachzulesen.
Die Verbraucherzentralen raten Frauen, die in den Wechseljahren sind, oder an Brust- oder Gebärmutterkrebs erkrankt sind/waren von der Einnahme solcher Präparate ab. Vor allem krebserkrankte Frauen sollten keine isoflavonhaltigen Nahrungsergänzungsmittel ohne ärztliche Rücksprache einnehmen, empfiehlt das BfR. [9,10]
Quellen:
[1] https://www.ernaehrungs-umschau.de/fileadmin/Ernaehrungs-Umschau/pdfs/pdf_2019/03_19/EU03_2019_M160-M169.pdf
[2] https://www.ernaehrungs-umschau.de/print-artikel/16-06-2003-phytooestrogene/
[3] Reed, K. E., et al. (2021): Neither soy nor isoflavone intake affects male reproductive hormones: An expanded and updated meta-analysis of clinical studies. Reproductive toxicology (Elmsford, N.Y.), 100, 60–67. https://doi.org/10.1016/j.reprotox.2020.12.019
[4] Hüser, S., et al. (2018): Effects of isoflavones on breast tissue and the thyroid hormone system in humans: a comprehensive safety evaluation. Archives of toxicology, 92(9), 2703–2748. https://doi.org/10.1007/s00204-018-2279-8
[5] Lethaby A, et al. (2013): Phytoestrogens for menopausal vasomotor symptoms. Cochrane Database of Systematic Reviews 2013, Issue 12. Art. No.: CD001395. https://doi.org/10.1002/14651858.CD001395.pub4.
[6] https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/isoflavone-hilfe-in-den-wechseljahren-8255
[7] https://www.bfr.bund.de/de/a-z_index/isoflavone-9777.html
[8] https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.2903/j.efsa.2015.4246
[9] https://www.verbraucherzentrale-bremen.de/pressemeldungen/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/isoflavone-fuer-die-wechseljahre-risiken-moeglich-nutzen-fragwuerdig-40940
[10] https://www.bfr.bund.de/cm/343/nahrungsergaenzungsmittel-mit-isolierten-isoflavonen-bei-einnahme-in-und-nach-den-wechseljahren-orientierungswerte-fuer-dosierung-und-anwendungsdauer-einhalten.pdf
[11] https://www.medizin-transparent.at/phytohormone-wechselbeschwerden/
[12] https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/rotkleeisoflavone-fuer-die-menopause-40294
Nina Schneider
Ernährungswissenschaftlerin (B.Sc.), Scienefluencerin, freie Wissenschaftsjournalistin und Gründerin von Pflanzlich Gesund - Evidenzbasiertes Ernährungswissen.