In den letzten Jahren beobachte ich den zunehmenden Trend der Ex-Vegan-Bewegung auf Social Media. Zur Erklärung: Bekannte vegane Influencer veröffentlichen Statement-Videos (die aufgrund der kontroversen Thematik sehr gut geklickt werden), in denen sie erklären, warum sie plötzlich nicht mehr Vegan essen. ⠀
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Bei diesen Personen handelt es sich nicht um Ernährungswissenschaftler, Gesundheitsexperten oder Mediziner, sondern meist um Influencer, die bisher teilweise Geld mit dem Promoten der Veganen Ernährung verdient haben. Mit den Statement-Videos verunsichern und verwirren die Influencer ihre Followerschaft. Gute Beispiele sind @alyse @bonnyrebecca @yovana und seit neustem @jonvenus ⠀
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Die Gründe für den Vegan-Exit sind oftmals selbsternannte gesundheitliche Probleme. Predigten die Personen zuvor wie gut und lebendig sie sich mit der veganen Ernährung fühlten, so überraschend kommt für die Follower das Geständnis, sie würden mittlerweile unter vielseitigen „Mangelerscheinungen“ leiden. Häufig genannt werden Darmprobleme, Müdigkeit, Energielosigkeit, starker Gewichtsverlust, Haarausfall, psychische Probleme und erwiesene Nährstoffmängel. Zudem erzählen viele von plötzlichem Heißhunger auf Fleisch, Eier oder Fisch.⠀
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Was machen Ex-Veganer falsch?⠀
Auffällig ist, dass der Großteil der Ex-Veganer eine extrem restriktive vegane Ernährung verfolgten oder aus einer Essstörung kamen. Darunter sind viele Rohveganer und Verfechter von High-Carb-Low-Fat, 80/10/10, Smoothie-Diäten, Mono-Meals (z.B. tagelang nur Bananen), 1-Meal-a-day oder extremen Detoxdiäten. Oft wird als Vorbild die Rohveganerin @freeleethebananagirl genannt. In anderen Fällen aßen die Personen hauptsächlich veganes Fast Food, eine Menge Ersatzprodukte und minderwertige Nahrungsmittel. ⠀
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Diese Ernährungsweisen decken den Bedarf an Makro- und Mikronährstoffen nicht ab. Durch zu kalorienarme Ernährung entsteht extremer Gewichtsverlust. Alle anderen Symptome lassen sich auf Mikronährstoffmängel durch extremes Essverhalten zurückführen.⠀
Dieses Essen in Extremen führen viele der Influencer nach ihrem Geständnis fort. So verfolgen Ex-Rohveganer plötzlich eine Carnivore-Diät (viel rohes Fleisch). Nach dem Konsum von tierischen Produkten fühlten sie sich plötzlich wieder lebendig, nahmen wieder zu und viele Symptome seien wieder verschwunden. Zusammen damit verschwanden auch die Ethischen Bedenken über Tierprodukte. ⠀
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Das Essverhalten der Influencer ist offensichtlich problematisch. Sie scheinen sich kaum bis wenig mit der Ernährungswissenschaft und der am besten verfügbaren Evidenz auseinandergesetzt zu haben. Immer auf der Suche nach der besten und gesündesten Diät lassen sie sich von pseudowissenschaftlichen Quellen und anderen Leadern extremer Diäten zu neuen Ernährungsweisen verleiten. Verständlich, denn online gibt es viele Kontroversen und leicht verfügbare Pseudowissenschaft über Ernährung. ⠀
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Was können wir von Ex-Veganern lernen?
Gesunde Ernährung ist keine Meinung, sondern basiert immer auf der aktuellen Wissenschaft. Selbst recherchieren, lernen gute von schlechten Quellen zu unterscheiden, sich auf aktuelle Evidenz berufen oder einen Experten aufsuchen, wenn man nicht sicher ist. Vor allem: Keine Ernährungsweisen von Influencern nachahmen. Eine gesunde Ernährung sollte den eigenen Nährstoffbedarf abdecken und im besten Fall auch Nachhaltigkeit und Ethik berücksichtigen.
Nina Schneider
Ernährungswissenschaftlerin (B.Sc.), Scienefluencerin, freie Wissenschaftsjournalistin und Gründerin von Pflanzlich Gesund - Evidenzbasiertes Ernährungswissen.