Vitamin D-Präparate gehören zu den am häufigsten eingenommenen Nahrungsergänzungsmitteln in Deutschland. Verständlich, denn ein Vitamin D-Mangel ist in der Bevölkerung weit verbreitet. Daten zeigen, dass gerade in den Wintermonaten (November bis April) 25 % der Männer und Frauen einen Mangelzustand vorweisen. Um ihren Mangel an Vitamin D zu beheben, greifen Betroffene zu Nahrungsergänzungsmitteln aus der Apotheke, dem Drogeriemarkt oder aus Online-Shops. Auffällig sind die Kombinationspräparate, die sowohl Vitamin D als auch Vitamin K2 enthalten. Hersteller werben damit, dass Vitamin K für die Aufnahme von Vitamin D wichtig wäre, sowie vor Gefäßverkalkung und Knochenerkrankungen schützen soll. Im Rahmen meiner wissenschaftlichen Thesis habe ich unter anderem die Frage untersucht, ob wir tatsächlich Vitamin D mit Vitamin K kombinieren müssen und ob das einen Einfluss auf unsere Knochen und Gefäße hat. [1; 2]
Die Grundlagen: Vitamin-K-abhängige Proteine
Um zu untersuchen, ob sich die Vitamine D und K gegenseitig beeinflussen, müssen wir zunächst ihren Stoffwechsel betrachten. Tatsächlich sind die beiden Vitamine Teil gemeinsamer Stoffwechselwege:
Sie sind ganz besonders wichtig im Calciummetabolismus. Beide Vitamine nehmen hier Einfluss auf das Matrix-Gla-Protein und das Peptidhormon Osteocalcin. Diese beiden sogenannten Vitamin-K-abhängigen Proteine (VKDP) werden erst mithilfe von Vitamin K biologisch wirksam. Vitamin D steigert die Bildung der beiden VKDP. Zudem ist es dafür verantwortlich, dass Calcium aus dem Darm aufgenommen wird. Aktiviertes Osteocalcin bindet das aufgenommene Calcium an sich und baut es in die Knochen ein. Das aktivierte Matrix-Gla-Protein (MGP) bindet sich ebenfalls an Calcium und ist dafür verantwortlich, dass das Calcium sich nicht in den Blutgefäßen absetzt. Damit verhindert das MGP, dass es zur Gefäßverkalkung kommt.
In der Theorie soll die Kombination von D und K die Knochendichte erhöhen und das Frakturrisiko sowie die Gefäßkalzifizierung senken. [3; 4]
[Eigene Darstellung, in Anlehnung an 4]
Dieser theoretische Mechanismus ist dafür verantwortlich, dass einige Supplementhersteller beide Vitamine in einem Kombinationspräparat anbieten. Die Behauptung, beide Vitamine müssten zwingend kombiniert werden, hat sich auch in den Köpfen der VerbraucherInnen festgesetzt. Dementsprechend ist die Nachfrage nach den Kombinationspräparaten groß. Hersteller setzen besonders auf Vitamin K2, statt auf Vitamin K1, da es sich vorranging in Knochen und Gefäßen befindet. [5]
Doch nicht immer ist ein schlüssiger biochemischer oder physiologischer Mechanismus auch klinisch relevant. Im Rahmen einer systematischen Literaturrecherche habe ich geprüft, ob Kombinationspräparate tatsächlich einen besseren Einfluss auf die Knochen- und Gefäßgesundheit haben als Vitamin D ohne Vitamin K.
Insgesamt fanden sich nur 3 aussagekräftige randomisiert kontrollierte Studien, die diese Frage überhaupt möglichst zweifellos beantworten können. Hier wurde eine Kombination aus Vitamin D und K in diversen Dosierungshöhen mit einem Placebo und mit der Gabe von Vitamin D ohne K verglichen.
Ushiroyama et al. (2002) konnten zeigen, dass D und K2 bei postmenopausalen Frauen (126 Studienteilnehmerinnen) zu einer signifikanten Steigerung der Knochenmineraldichte an der Lendenwirbelsäule führen konnte. Die Teilnehmerinnen bekamen 1 µg Vitamin D und 4500 µg Vitamin K2. Allerdings hatte die Studie methodische Schwächen: Die Teilnehmerinnen wurden unangemessen randomisiert und waren nicht verblindet. [6]
Bolton-Smith et al. (2007) zeigten, dass Vitamin D mit K1 und Calcium (!) bei gesunden älteren Frauen (209 Teilnehmerinnen) die Knochenmineraldichte und den Knochenmineralgehalt am Handgelenk erhöhen konnte. Hier bekamen die Probandinnen 10 µg Vitamin D, 200 µg K1 und + 1000 mg Calcium. [7]
Zhang et al (2020) sahen keine Verbesserungen der Knochenmineraldichte oder des Knochenmineralgehalts bei 295 Männern und postmenopausalen Frauen. Die Dosierungshöhe betrug hier 10 µg Vitamin D, 90 µg K2und 500 mg Calcium. [8]
Gute Studien sind rar: Entweder waren existierende Studien nicht randomisiert und placebokontrolliert (hohe Aussagekraft!), wurden an erkrankten Kindern durchgeführt (die einen komplett anderen Stoffwechsel als Erwachsene haben) oder die ProbandInnen erhielten gleichzeitig Medikamente/Multinährstoffe (Ergebnisse können dann nicht auf D+K zurückgeführt werden).
Insgesamt sind methodisch sinnvolle Studien zu Kombinationspräparaten also sehr rar und weisen, wenn sehr uneinheitliche Methoden, Ergebnisse und Dosierungskombinationen auf.
Testweise habe ich in die Analyse auch methodisch schwächere Studien einbezogen, allerdings zeigten auch diese unterschiedliche Ergebnisse. Einige Studien zeigten kleine signifikante Verbesserungen durch Vitamin D+K, andere zeigten keine Veränderungen.
Studienübergreifend kann festgestellt werden, dass sich die Anteile an aktiviertem Osteocalcin und Matrix-Gla-Protein verbessert haben. Es ist aber bis heute nicht bekannt, wie hoch die Anteile optimalerweise sein müssten. [12]
Schlussfolgerung:
Die Datenlage kann nicht bestätigen, dass sich ein gesundheitlicher Vorteil durch die Kombination von Vitamin D und K ergibt. Es kann außerdem auch nicht bestätigt werden, dass Vitamin K2 hier gegenüber Vitamin K1 besondere Vorteile hätte. Und auch ein ideales Dosierungsverhältnis kann nicht herausgearbeitet werden.
Ist eine Vitamin D-Supplementation überhaupt sinnvoll?
Ja, vorausgesetzt, es liegt ein festgestellter Vitamin D-Mangel vor. Dann kann ein entsprechendes Präparat dabei helfen, den Speicher im Körper wieder aufzufüllen. Die Vitamin D-Supplementation hat bei älteren Menschen auch einen Sturz- und Frakturenrisiko senkenden Effekt und einen Nutzen für die Funktionalität des Bewegungsapparats. Darüber hinaus kann Vitamin D auch präventiv bei der Entwicklung von Osteoporose wirken. Es bleibt aber fraglich, ob eine Vitamin D-Supplementation einen schützenden Effekt auf kardiovaskuläre Erkrankungen hat. [9, 10]
Ist eine Vitamin K-Supplementation überhaupt sinnvoll?
Nein. Vitamin K ist kein Mangelvitamin – in keiner Bevölkerungsgruppe gibt es eine hohe Prävalenz für einen Mangel. Der Bedarf von Vitamin K (K1 und K2) kann insgesamt problemlos über die Ernährung gedeckt werden. Die Supplementation von Vitamin K2 konnte sich in einigen Studien positiv auf Knochenmineralverluste bei Osteoporose auswirken – wieder andere Studien konnten das aber nicht bestätigen. Insgesamt gibt es also keinen Grund, Vitamin K zu supplementieren. [11]
Was nun? Wer einen festgestellten Vitamin D-Mangel hat, sollte sich ein Vitamin D-Präparat besorgen. Ob da nun Vitamin K enthalten ist oder nicht scheint keine große Relevanz zu besitzen. Und wie immer gilt: Eine bunte und ausgewogene Ernährung kann fast alle Nährstoffe, einschließlich Vitamin K abdecken und vor ernährungsbedingten Erkrankungen schützen. Für eine optimale Vitamin D-Versorgung ist der regelmäßige Aufenthalt in der Sonne wichtig, denn wir bilden D in unserer Haut mithilfe der Sonnenstrahlung selbst. Die Knochen halten wir mit einer guten Vitamin D-Versorgung und mit genügend Bewegung und Belastung gesund.
Quellen:
[1] Bundesamt für Risikobewertung (BfR) (Hrsg.). (2021). BfR-Verbrauchermonitor 2021 | Spezial Vitamine als Nahrungsergänzungsmittel.
[2] Rabenberg, M., et al. (2015). Vitamin D status among adults in Germany – results from the German Health Interview and Examination Survey for Adults (DEGS1). BMC Public Health, 15(1), 641.
[3] Horn, F. (Hrsg.). (2020). Biochemie des Menschen: Das Lehrbuch für das Medizinstudium (8.Aufl.). Georg Thieme Verlag.
[4] Van Ballegooijen, et al. (2017). The Synergistic Interplay between Vitamins D and K for Bone and Cardiovascular Health: A Narrative Review. International Journal of Endocrinology, 2017, 1–12.
[5] Biesalski, H. K., Grimm, P., & Nowitzki-Grimm, S. (2020). Taschenatlas Ernährung (8. Aufl.). Georg Thieme Verlag.
[6] Ushiroyama, T., et al. (2002). Effect of continuous combined therapy with vitamin K2 and vitamin D3 on bone mineral density and coagulofibrinolysis function in postmenopausal women. Maturitas, 41(3), 211–221.
[7] Bolton-Smith, C., et al. (2007). Two-Year Randomized Controlled Trial of Vitamin K1 (Phylloquinone) and Vitamin D3 Plus Calcium on the Bone Health of Older Women. Journal of Bone and Mineral Research, 22(4), 509–519.
[8] Zhang, Y. et al. (2020). Effect of Low-Dose Vitamin K2 Supplementation on Bone Mineral Density in Middle-Aged and Elderly Chinese: A Randomized Controlled Study. Calcified Tissue International, 106(5), 476–485.
[9] Linseisen, J., et al. (2011). Stellungnahme der DGE. Vitamin D und Prävention ausgewählter chronischer Krankheiten. (Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V., Hrsg.).
[10] Biesalski, H. K. (2019). Vitamine, Spurenelemente und Minerale (2. Aufl.). Georg Thieme Verlag KG.
[11] Podlogar, J., & Smollich, M. (2019). Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente: Beratungswissen für die Apothekenpraxis. Deutscher Apotheker Verlag.
[12] EFSA (2017). Dietary reference values for vitamin K. EFSA Journal, 15(5).
Nina Schneider
Ernährungswissenschaftlerin (B.Sc.), Scienefluencerin, freie Wissenschaftsjournalistin und Gründerin von Pflanzlich Gesund - Evidenzbasiertes Ernährungswissen.