Können die Nährstoffanalyse-Selbsttests da mithalten und zuverlässige Ergebnisse liefern?
Die Anwendung von Selbsttests ist einfach: Beim Anbieter erwirbt der Kunde zunächst ein Komplettpaket mit allem, was er für die Blutprobe benötigt. Mit einem Desinfektionstuch wird die Fingerkuppe gereinigt, eine Stechhilfe pikst in die Kuppe und das Blut wird dann langsam in ein kleines Röhrchen gefüllt. Das Ganze geht per Post an das Labor, wird untersucht und wenige Tage später erhält der Kunde eine Mail mit den Ergebnissen. Oft werden die Ergebnisse dann noch interpretiert und Folgeanweisungen bereitgestellt.Wie unterscheidet sich so ein Test nun von einem Bluttest beim Arzt?
Fingerstich-Bluttests haben sich bisher nur bei Blutzucker-Tests, sowie auch zur Blutabnahme bei Kindern bewährt.
Die Daten zeigen, dass bei beiden Tests sichere Ergebnisse geliefert werden. Vor allem wenn sie von ausgebildeten Fachpersonal ausgeführt werden.Für die Funktionstüchtigkeit von Nährstoffanalyse-Selbsttests gibt es aktuell keine ausreichende Evidenz.
Es fehlen schlicht und einfach groß angelegte vergleichende Studien, die überprüfen, ob die Ergebnisse von Nährstoffanalysen aus Blutentnahmen von Zuhause vergleichbar sind mit venösen Blutentnahmen in einer Arztpraxis.Auch beim Entnehmen der Blutprobe können Fehler passieren:
Das Quetschen des Fingers beim Herausdrücken des Blutes kann die Blutprobe durch Hämolyse verfälschen. Rote Blutkörperchen platzen, was zur falschen Erhöhung von bestimmten Analyten (Kalium, Eisen, Zink,…) führen kann. Die Blutprobe ist dann nicht mehr aussagekräftig. Ebenso problematisch ist, dass Anbieter der Tests auch meist medizinisch nicht sinnvolle Analysekits anbieten, z. B. diverse Mineralstofftests, Hormontests, Tests zur Diagnose von Lebensmittelintoleranzen.Laien können nicht einschätzen, welcher Test sinnvoll ist.
Laien können auch nicht abschätzen, ob die gewählte Testmethode und die gewählten Biomarker sinnvoll sind. Korrekt angewandt könnten Bluttests für Zuhause höchstens einen Anhaltspunkt liefern, sollten aber durch einen Arzt richtig interpretiert und in den Zusammenhang gebracht werden. Das bedeutet: Bei Erkrankungen oder ernsthaften Symptomen sollte so oder so eine ärztliche Praxis aufgesucht werden. Selbsttest eignen sich also höchstens für Anwender*innen, die ihn nach Absprache mit Fachpersonen, die die Sinnhaftigkeit und Relevanz des Tests und der Testmethode vorher geprüft haben. Der Test muss dann korrekt ausgeführt werden.Aber auch dann gilt: Ob die Ergebnisse belastbar sind, ist nicht gewiss.
Quellen:
Hallbach, J. (2019) Klinische Chemie und Hämatologie. Biomedizinische Analytik für MTLA und Studium. 4. Auflage. Thieme Verlag
Biesalski, H.-K. et al. (2018) Ernährungsmedizin. 5. Auflage. Thieme Verlag
https://www.amboss.com/de/wissen/Venöse_Blutentnahme/
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK138654/
https://ladr.de/praeanalytik/blutabnahme/blutabnahme-stoergroessen
Linder C,et al. (2017) Comparison between dried blood spot and plasma sampling for therapeutic drug monitoring of antiepileptic drugs in children with epilepsy: A step towards home sampling. Clin Biochem. 2017 May;50(7-8):418-424. PMID: 28027888.
Meaghan M. Bond, et al. (2015) Drop-to-Drop Variation in the Cellular Components of Fingerprick Blood: Implications for Point-of-Care Diagnostic Development. American Journal of Clinical Pathology, Volume 144, Issue 6, 1 December 2015, Pages 885–894, https://doi.org/10.1309/AJCP1L7DKMPCHPEH
Olczuk D, Priefer R. A history of continuous glucose monitors (CGMs) in self-monitoring of diabetes mellitus. Diabetes Metab Syndr. 2018 Apr-Jun;12(2):181-187. doi: 10.1016/j.dsx.2017.09.005. Epub 2017 Sep 22. PMID: 28967612.
Nina Schneider
Ernährungswissenschaftlerin (B.Sc.), Scienefluencerin, freie Wissenschaftsjournalistin und Gründerin von Pflanzlich Gesund - Evidenzbasiertes Ernährungswissen.