Muss man auf Gluten verzichten?

Auf Gluten zu verzichten scheint aktuell ein weit verbreiteter Trend zu sein. Vor allem im Zusammenhang mit der „Clean Eating“ Ernährungsweise oder einer Pflanzenbasierten Ernährung.

🌾 Glutenfrei zu Essen wird auch als eine „Fad Diet“ bezeichnet, frei übersetzt auf Deutsch: Gehypte Modediät ohne wissenschaftlichen Hintergrund. Erkennbar daran, dass eine Lebensmittelkategorie aus der Ernährung ausgeschlossen wird, weil sie anscheinend sehr ungesund und gesundheitsschädigend sein soll.

🌾 Worin befindet sich Gluten? In verschiedenen Getreidesorten, sowie Hafer (wenn nicht anders deklariert), und auch in Lebensmitteln wie Bier und in Fertiggerichten (wenn glutenhaltige Bindemittel verwendet wurden).

🌾 Wer muss sich glutenfrei ernähren? In Deutschland leiden etwa 1% der Bevölkerung an einer Zöliakie. Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der die Dünndarmschleimhaut überempfindlich gegenüber Gluten reagiert. Betroffene müssen sich strikt an eine Glutenfreie Kost halten, da es sonst zu schwerwiegenden Symptomen kommen kann.

🌾 Für den überwiegenden Teil der Bevölkerung stellt Gluten aber keine Gesundheitsgefahr dar. Trotzdem hört man an allen Ecken und Enden: „Seit ich auf Gluten verzichte, gehts mir besser!“ Weizensensitivität nennt sich diese Erscheinung, bei der eine Zöliakie aufgrund fehlender Autoimmunreaktionen ausgeschlossen wird, aber Symptome auftreten. Weizensensitivität ist aber kein Krankheitsbild, sondern bis jetzt nur eine Hypothese. Weizensensivität existiert also bisher noch nicht. Als Ursache für die Symptome wird momentan u.a. eine Unverträglichkeit gegen FODMAPs (Fermentierbare Oligo-, Di-, Monosaccharide und Polyole)vermutet.

🌾 In einer Randomisiert-kontrollierten Studie von Biesiekierski et al. wurden Menschen mit „Weizensensivität“ auf eine überwachte Diät mit Gluten gesetzt. Einen Zusammenhang zwischen den Symptomen und Gluten wurde nur bei 8% der Teilnehmer beobachtet. Auch bei dieser Studie wurden FODMAPs als mögliche Verursacher der Symptome genannt.

🌾 Mögliche andere Verursacher von Symptomen:

➡️ Nocebo-Effect (negative Reaktion auf ein Lebensmittel aufgrund von Confirmation Bias: Symptome nach dem Verzehr glutenhaltiger Lebensmittel aufgrund der Erwartungshaltung, dass danach Symptome entstehen müssen.)
➡️ Symptome aufgrund von anderen Inhaltsstoffe in glutenhaltiger Nahrung.
➡️ Reizdarmsyndrom oder chronisch entzündliche Darmerkrankungen

🌾 Noch ist in dem Bereich „Weizensensivität“ viel Forschung nötig. Bis dahin sind Selbst-Diagnosen mit anschließendem Verzicht auf Gluten jedenfalls nicht die Lösung. Zum einen, weil damit die tatsächliche Ursache der Symptome unentdeckt bleibt. Zum anderen wird durch eine freiwillige glutenfreie Ernährung eine große Lebensmittelkategorie ausgeschlossen. Darunter fällt auch das Vollkorngetreide, welches ein bedeutender Bestandteil einer ausgewogenen Ernährungsweise ist. Vollkorngetreide ist eine wichtige Quelle für Mineralien wie Eisen und Zink, sowie für B-Vitamine und vor allem für Ballaststoffe.

🌾 Und was ist mit Anti-Nährstoffen, wie Phytinsäure und Lektine? Bei diesem Thema herrscht immer noch starke Verunsicherung, dank unseriöser Falschaussagen und vereinfachten Darstellungen. Aber die Angst ist unbegründet: Anti-Nährstoffe können zwar unlösliche Komplexe bilden, das ist aber für die meisten Menschen irrelevant. Vollkorngetreide zu konsumieren liefert uns mehr Vorteile, als Nachteile.