Viele Menschen schwören auf Vitamin C, wenn sie krank sind. Es soll den Erkrankungszeitraum verringern und sogar Erkältungen bzw. Grippen vorbeugen. Dabei greifen viele Leute zu hochdosierten Nahrungsergänzungsmitteln. Aber kann hochdosiertes Vitamin C wirklich so viel bei Erkältungskrankheiten ausrichten?
Was ist eigentlich Vitamin C? Bei Vitamin C, oder auch Ascorbinsäure genannt, handelt es sich um ein wasserlösliches Vitamin. Vitamine sind essenzielle Substanzen, die wichtige Aufgaben im Stoffwechsel übernehmen. Vitamin C spielt zum Beispiel eine wichtige Rolle im Immunsystem und hat antioxidative Eigenschaften. Erwachsene haben einen Tagesbedarf von 95 mg (Frauen) bzw. 110 mg (Männer). Raucherinnen und Raucher haben einen höheren Tagesbedarf (135 bzw. 155 mg), da sie weniger Vitamin C über die Nahrung resorbieren können. Der Tagesbedarf lässt sich problemlos über Nahrungsmittel decken. In Deutschland herrscht demnach auch kein allgemeiner Vitamin-C-Mangelzustand. [1;2]
Da Vitamin C wasserlöslich ist, wird alles, was über den Sättigungspunkt hinaus aufgenommen wird, einfach wieder ausgeschieden. Bei hohen Aufnahmemengen von 1 – 3 g Ascorbinsäure erfolgt die Ausscheidung über den Urin. Noch höhere Mengen werden auch über den Stuhl ausgeschieden. [1]
Beim empfohlenen Tagesbedarf von Vitamin C handelt es sich um eine sogenannte “empfohlene Zufuhrmenge”. Dafür wurde der durchschnittliche Bedarf in der Bevölkerung experimentell ermittelt. Auf diesen Bedarf wird ein Sicherheitszuschlag von 20 – 30 % addiert. Der Tagesbedarf ist also bereits relativ großzügig gewählt. [3]
Nun soll Vitamin C aber laut einigen Onlinemagazinen und Ernährungscoaches in hohen Mengen besonders gesundheitsförderlich sein. Die Theorie, dass hochdosierte Vitamine Krankheiten vorbeugen oder heilen können, kommt aus der Orthomolekularen Medizin (kein anerkannter Bereich der Medizin) und konnte bisher nicht belegt werden.
Das sagt die Studienlage: Eine aussagekräftige systematische Übersichtsarbeit der Cochrane Collaboration kommt zu dem Entschluss, dass die regelmäßige Einnahme von mehr als 200 mg Vitamin C täglich keine präventive Auswirkung auf das Auftreten von Erkältungen hat. Das Erkältungsrisiko sinkt gerade mal um 3 % in der Allgemeinbevölkerung. Das ist nicht viel. [4]
Eine Ausnahme könnten hier Extremsportler wie Skifahrer und Marathonläufer sein. Hier konnte das Einnehmen von Vitamin C etwa 2-3 Wochen vor der Belastung sogar das Erkältungsrisiko halbieren. [4]
Keine eindeutige Wirkung zeigte hochdosiertes Vitamin C zur Behandlung einer bestehenden Erkältung. So können spontan eingenommene hohe Dosierungen an Vitamin C weder die Dauer verkürzen noch die Schwere einer bereits existierenden Erkältung lindern. [4]
Hochdosiertes Vitamin C ist also wahrscheinlich nutzlos, aber gefährlich ist es auch nicht. Bis zu 1 g Vitamin C zusätzlich aufgenommen sind laut EFSA unproblematisch. Sehr hohe Dosierungen über 3 g können Blähungen oder Durchfall verursachen. [5]
Statt hochdosierte, wenig nützliche Nahrungsergänzungsmittel zu nehmen, lässt sich der Vitamin-C-Bedarf problemlos über die Ernährung decken. Vitamin-C-reiche Lebensmittel sind beispielsweise (jeweils pro 100 g): [6;7]
Kiwis: 93 – 152 mg
Paprika rot: 128 mg
Brokkoli: 89 mg
Zitrone: 53 mg
Da Vitamin C licht- und hitzeempfindlich ist, sollte Obst und Gemüse möglichst auch roh gegessen werden. Ein heißer Tee mit Zitrone trägt also nicht wesentlich zur Deckung des Vitamin-C-Bedarfs bei.
Halten wir fest: Hochdosierte Vitamin-C-Kapseln sind weder vor noch während einer Erkältung besonders hilfreich. Stattdessen lohnt es sich vielmehr seinen Vitamin-C-Bedarf täglich über die Ernährung zu decken.
Quellen:
[1] Biesalski, H.-K./Bischoff, S. C./Puchstein, C. (2018): Ernährungsmedizin. 5. Auflage. Thieme Verlag, Stuttgart.
[2] Deutsche Gesellschaft für Ernährung (2015): Referenzwerte. Vitamin D. URL: https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-c/?L=0
[3] Deutsche Gesellschaft für Ernährung (o.D.): Ausgewählte Fragen und Antworten zu den Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr allgemein. URL: https://www.dge.de/wissenschaft/faqs/referenzwerte/#c1546
[4] Hemilä H./Chalker E. (2013): Vitamin C for preventing and treating the common cold. Cochrane Database of Systematic Reviews, Issue 1. Art. No.: CD000980. https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD000980.pub4/full/de
[5] EFSA (2007): Opinion of the Scientific Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies (NDA) a request from the Commission related to the Tolerable Upper Intake Level of Vitamin C (L-Ascorbic acid, its calcium, potassium and sodium salts and L-ascorbyl-6-palmitate). https://doi.org/10.2903/j.efsa.2004.59
[6] USDA FoodData Central https://fdc.nal.usda.gov
[7] Zespri https://www.zespri.com/de-DE/nutrition
Weiterführendes:
Klartext Nahrungsergänzung (2022): Vitamin C – erstaunlich gesund? URL: https://www.klartext-nahrungsergaenzung.de/wissen/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/vitamin-c-erstaunlich-gesund-1915
Gesundheitsinformationen.de (o.D.): Erkältung. Hält Vitamin C gesund? URL: https://www.gesundheitsinformation.de/haelt-vitamin-c-gesund.html
Nina Schneider
Ernährungswissenschaftlerin (B.Sc.), Scienefluencerin, freie Wissenschaftsjournalistin und Gründerin von Pflanzlich Gesund - Evidenzbasiertes Ernährungswissen.